Work Life Balance wirkt heute manchmal wie ein Modebegriff, der sich – auch dank der Mithilfe der Medien – stark verbreitet hat. Doch allein als eine Mode sollte man diese Entwicklung nicht bezeichnen. Denn ohne ein gesundes Gleichgewicht aller Lebensbereiche, sinken sowohl die Berufs- als auch die Lebensqualität. Beides macht unzufrieden und viele sogar krank.
Die Arbeitsbelastung nimmt stetig zu, Anforderungen wachsen, ständige Erreichbarkeit ist eine Selbstverständlichkeit. Wie soll man da noch eine Balance hinkriegen? Und gilt das überhaupt für Führungskräfte, die doch sowieso immer für den Job brennen und keine Pause brauchen?
Gerade Führungskräfte brauchen die Balance
Etwas weiter unten werden wir uns noch mit der Führungskraft der Zukunft beschäftigen. Aber hier geht es zunächst um die „Old-School“-Führungskräfte und deren Möglichkeit, die Balance zu finden.
Old School – das bedeutet in diesem Zusammenhang auch, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. Längst ist auch bis in die Spitzen der Politik die Überzeugung vorgedrungen, dass das Arbeiten bis zum Umfallen (und bis dahin bitte ohne Pause) kein sinnvoller Ansatz ist.
Im Gegenteil, Führungskräfte mit Erfahrung müssen „gehegt und gepflegt“ werden, um sie auch dauerhaft als verlässliche Kräfte einsetzen zu können.
Selbst die Bundesregierung hat sich mit dem Thema Work Life Balance beschäftigt und gibt einige Empfehlungen:
- Verschaffen Sie sich Klarheit über die privaten und betrieblichen Prioritäten im Team.
- Fordern und fördern Sie jede/n Mitarbeiter/in als „ganze Person“.
- Fördern Sie die flexible, aber auch verlässliche Arbeitsplanung.
- Fördern und nutzen Sie die breite Streuung von Qualifikationen im Team und unterstützen Sie das Spezialistentum nur da, wo es notwendig ist.
Man sieht, dass hier ein ganzheitlicher Ansatz vorliegt (was die Bundesregierung auch so schreibt). Die Tatsache, dass sowohl die berufliche als auch die private Sichtweise Platz findet, kann man schon als Fortschritt bezeichnen, waren doch Führungskräfte vor gar nicht allzu langer Zeit eher „Maschinen“, bei denen sich alles um ihren Job dreht, beinahe wie ein Roboter.
Und überhaupt: Offenbar ist heute mehr Raum für die Freizeit, für das Private, die Familie, die persönlichen Interessen. Auch Führungskräften wird zugestanden, noch etwas anderes außer der Arbeit zu haben, das sie ganz individuell betrifft. Wobei man an dieser Stelle – das gehört zur Ehrlichkeit dazu – auch erwähnen muss, dass zwischen den blumigen Worten in bunten Broschüren und der täglichen Arbeit oft ein Abgrund klafft.
Zuweilen ist es ein bisschen vergleichbar mit dem Anspruch eines Unternehmens, nachhaltig zu arbeiten. Auf Nachfrage wird jedoch oft genug deutlich, dass niemand genau weiß, wie das praktisch eigentlich umgesetzt werden soll.
Auch und gerade Führungskräfte brauchen eine Balance, sie benötigen Ausgleich, um auch weiterhin einen guten Job machen zu können. Die Lippenbekenntnisse vieler Unternehmen sind in diesem Zusammenhang aber leider nicht selten vor allem eines: eben Lippenbekenntnisse.
Der „gechillte“ Nachwuchs rückt nach
Man kennt sie: die Generation X. Jedenfalls hat man schon von ihr gehört. Sie sind jung, sie sind ehrgeizig, aber sie wollen ihre Ziele nicht um jeden Preis erreichen. Der Ausgleich zwischen Beruf und Privatleben steht bei der Generation X ganz oben auf der Liste der Prioritäten.
Und weil das so ist, kommen auch moderne Unternehmen nicht drum herum, sich auf neue Modelle einzulassen und ihre Erwartungen neu zu definieren.
Nachwuchsführungskräfte ticken anders, das hat auch eine Umfrage des Deutschen Führungskräfteverbands herausgefunden:
- Bei 80 Prozent der befragten Fach- und Führungskräfte war das Bedürfnis, einen Ausgleich zwischen Job und Freizeit zu schaffen, „stark ausgeprägt“.
- Der Wunsch nach einem Aufstieg in der Hierarchie hat bei 59 Prozent der Befragten abgenommen.
- Ebenfalls abgenommen hat die Einstellung, den Beruf über die Familie oder die Freizeit zu stellen. 61 Prozent der Befragten gaben an, dass der Beruf für sie nicht „über alles“ geht.
Und der Nachwuchs meint es ernst. Führungskräfte von heute suchen zwar den beruflichen Erfolg, schrecken aber oft genug vor Leistungsdruck und übermäßigem Stress zurück. Viele gaben an, das Angebot auf mehr Verantwortung abgelehnt zu haben, weil die persönliche Lebensqualität darunter leide.
Verwunderlich ist das nicht. Denn häufig brauchen junge Menschen nur einen Blick auf ihre Eltern zu werfen, um festzustellen, dass der Preis einer Führungskraft sehr hoch ist und nicht selten eben nicht einhergeht mit einem glücklichen und ausgefüllten Leben.
Junge Nachwuchsführungskräfte sind nicht mehr bereit, sich voll und ganz in den Beruf zu begeben und alles andere zu vernachlässigen. Im Gegenteil, der Ausgleich zwischen Privat- und Berufsleben hat für sie eine große Bedeutung.
5 Tipps, wie Sie sich auf den Weg zur Work Life Balance machen können
Eins ist klar: Im Alltag vergisst man die besten Vorsätze schnell wieder. Während man noch im Geiste an der richtigen Strategie arbeitet, kommt plötzlich eine Deadline daher, ein spezieller Kundenwunsch oder der Krankheitsfall eines wichtigen Kollegen. Work Life Balance? Keine Chance, erst mal muss das Akute geklärt werden.
Andererseits ist es so schwer bis unmöglich, aus dem „Hamsterrad“ herauszukommen. Daher können ein paar Tipps helfen, sich zumindest immer wieder selbst in Erinnerung zu rufen, was man sich so vorbildlich vorgenommen hatte:
- Privatleben und Arbeit sind gleichermaßen wichtig: Seine Konzentration innerhalb der Arbeitszeit auf den Job zu fokussieren, ist wichtig. Genauso wichtig ist es aber, in der Freizeit auch wirklich abzuschalten.
- Netzwerke im Privaten bilden: Viele Führungskräfte schämen sich schon fast dafür, wenn sie nicht immerzu an ihren Job denken. Daher ist es sinnvoll, sich ein Netzwerk von Freunden, Familie und Vereinskollegen aufzubauen. Wer Zeit mit Freunden verbringt, denkt seltener an den beruflichen Stress.
- Machen, was man mag: Wir kennen das wahrscheinlich alle: Es gibt 1.000 Dinge, die wir eigentlich mal gerne machen würden. Eigentlich! Besser ist es, gleich damit anzufangen, und seien es nur Kleinigkeiten, wichtig ist, dass man sie gerne tut.
- Der Familienkalender: Termine, die in einen Kalender eingetragen werden, werden wichtiger genommen. Daher bringt es eine Menge, auch private Termine mit der Familie oder Freunden einzutragen. So ist man sich selbst gegenüber verbindlicher.
- Mitarbeiter zur Work Life Balance „zwingen“: Aufgabe einer Führungskraft ist es auch zu erkennen, wann Mitarbeiter die eigene Grenze überschreiten. Wenn es sein muss, kann man sie auch mal früher nach Hause schicken.
Work Life Balance ist keine Kleinigkeit. Auch sie erfordert eine gewisse Form der Disziplin, um ein wenig „disziplinloser“ zu werden.
Hält sich bei Ihnen alles die Waage?
Gut möglich, dass Sie an der einen oder anderen Stelle gedacht haben: „Das funktioniert doch nie und nimmer.“ Zum Beispiel, einen Mitarbeiter aus lauter Fürsorge nach Hause zu schicken, obwohl gerade „die Luft brennt“. Das wird schwierig, aber oft konstruieren wir auch Argumente, um bestimmte Dinge nicht ändern zu müssen.
Wie ist es bei Ihnen? Haben Sie die richtige Balance gefunden? Oder sind Sie auf einem guten Weg? Mich interessieren Ihre Erfahrungen. Schreiben Sie gern einen Kommentar, mailen Sie mir oder greifen Sie zum Telefonhörer. Zur Sicherheit können Sie sich diesen Plan auch gerne in den privaten Kalender eintragen.
Wollen Sie mal Ihren persönlichen Work-Life-Balance-Check machen?
Dann lesen Sie hier: » Work-Life-Balance: Eine Einführung
und machen Sie hier Ihren persönlichen Work Life Balance Check
» Sind meine Lebensbereiche in Balance?
Lesen Sie hier auch meinen Artikel: »Work-Life-Balance: Zu viel Arbeit, zu wenig Leben
Work Life Balance für Führungskräfte ist eins meiner Spezialthemen
Dazu habe ich ein Buch geschrieben
“Work Life Balance: So bringen Sie Ihr Leben (wieder) ins Gleichgewicht”
Diesen finden Sie hier: » Publikationen
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Weiterführende Artikel:
5 Tipps für die richtige Work Life Balance
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