Manchmal ist es eine gute Idee, einmal die Wikipedia „aufzuschlagen“. Dort steht unter dem Oberbegriff Loyalität folgendes: „Loyalität (‚dem Gesetz entsprechend‘) bezeichnet (in Abgrenzung zu Treue, Unterwerfung oder Gehorsam) die auf gemeinsamen moralischen Maximen basierende oder von einem Vernunftinteresse geleitete innere Verbundenheit und deren Ausdruck im Verhalten gegenüber einer Person, Gruppe oder Gemeinschaft.
Loyalität bedeutet, im Interesse eines gemeinsamen höheren Zieles, die Werte (und Ideologie) des anderen zu teilen und zu vertreten bzw. diese auch dann zu vertreten, wenn man sie nicht vollumfänglich teilt, solange dies der Bewahrung des gemeinsam vertretenen höheren Zieles dient. Loyalität zeigt sich sowohl im Verhalten gegenüber demjenigen, dem man loyal verbunden ist, als auch Dritten gegenüber.“
Diese Definition klingt zwar – wie so vieles in der Wikipedia – etwas sperrig, bringt es aber dennoch gut auf den Punkt. Loyalität ist tatsächlich mehr als nur ein Wort, und sie zu erreichen, ist nicht immer einfach. Wo die Identifikation gegenüber dem Unternehmen zu 100 Prozent ausgeprägt ist, fällt Loyalität naturgemäß nicht schwer. Aber das ist selten der Fall. Somit besteht loyales Verhalten unter anderem aus einer ganzen Reihe von Kompromissen. Gerade für Führungskräfte bedeuten diese Kompromisse zuweilen einen Tanz auf der Rasierklinge. Doch zunächst wollen wir uns auf Unternehmen bezogen unterschiedliche Ausprägungen der Loyalität anschauen.
Vier Formen der Loyalität
Die vier Formen der Loyalität haben gewissermaßen ein Eigenleben. Sie funktionieren oder funktionieren nicht aus unterschiedlichen Gründen, denn die Konstruktionen unterscheiden sich grundlegend, verfolgen also zum Teil unterschiedliche Ziele und bergen verschiedenes Konfliktpotenzial.
Loyalität gegenüber der Organisation: Für Unternehmen ist diese Form der Loyalität von herausragender Bedeutung. Denn sie bedeutet, dass die Mitarbeiter im Unternehmen bleiben, und zwar auch dann, wenn sie sich nicht mit allen Faktoren der internen Philosophie identifizieren können. Selbst wenn also die persönlichen Wertvorstellungen und/oder die persönlichen Interessen denen des Unternehmens (der Organisation) entgegenstehen, setzt sich in der Praxis die Loyalität durch.
Loyalität gegenüber der Führungskraft: Führungskräfte, die die Abwesenheit von Loyalität schon einmal erlebt haben, wissen sofort, was gemeint ist. Es geht um die Unterstützung der eigenen Arbeit durch die Mitarbeiter, deren Anerkennung und Unterstützung. Wenn auch nur ein Teammitglied nicht loyal ist, ist das ganze Konstrukt in Gefahr.
Loyalität gegenüber der Arbeitsgruppe: Hier geht es nicht um das große Ganze, also das Unternehmen als solches, sondern um kleinere Bereiche, die hier als Arbeitsgruppe bezeichnet werden. Es kann sich auch um Abteilungen handeln, um Fortbildungen und Brainstormings. Loyalität bedeutet hier, sich den Zielen der Gruppe unterzuordnen und einzuordnen und dabei die eigene individuelle Leistung quasi ohne den Anspruch auf Gegenleistung zur Verfügung zu stellen. Belohnungen oder auch Bestrafungen spielen dabei keine Rolle, das heißt: die Motivation kommt aus der inneren Überzeugung, aus der Loyalität heraus zustande.
Die vierte Konstruktion ist die …
Loyalität gegenüber den Mitarbeitern
Zunächst einmal ist es klar, dass auch die Führungskraft Loyalität gegenüber dem Unternehmen und dem, was wir oben Arbeitsgruppen genannt haben, mitbringen muss. Fehlt eine dieser Ausprägungen von Loyalität, müssen wir uns über Loyalität gegenüber den Mitarbeitern gar nicht erst zu unterhalten. Wir setzen diese also an dieser Stelle voraus. Und sind damit bei der Frage, wie das Zusammenspiel von Führungskraft und Mitarbeitern am besten funktioniert.
Verkürzt könnte man sagen, dass Loyalität gegenüber den Mitarbeitern erst dann ein Wert wird, mit dem man arbeiten kann und muss, wenn die Harmonie nicht (mehr) stimmt. Ebenso verkürzt und etwas überspitzt lässt sich festhalten: Wenn alles Friede, Freude, Eierkuchen ist, gibt es keine Probleme, meist auch nicht mit der Loyalität, schließlich geht es allen bestens.
Doch wenn ein Team funktionieren soll, dann zeigt sich das erst, wenn nicht alles optimal läuft. Und es zeigt sich durch die Art und Weise, wie die Führungskraft mit ihren Mitarbeitern umgeht, wenn diese Fehler machen oder nicht die geforderte Leistung erbringen. Es ist eine Frage der Zeit, bis Führungskräfte mit solchen Situationen konfrontiert werden. Priorität muss dann haben, zwischen der Person und dem Fehlverhalten bzw. Defizit zu trennen. Anders formuliert geht es darum, zwar das kritikwürdige Verhalten zu benennen und zu analysieren, dabei aber dem Mitarbeiter selbst gegenüber Wertschätzung zu zeigen, also glaubhaft zu machen, dass das Verhalten oder die Fehlleistung unerwünscht ist, der Mitarbeiter auf dem Weg zur Korrektur aber gestützt und unterstützt wird.
Loyalität bedeutet auch Infragestellen
Immer wieder liest man in Fachartikeln, Loyalität sei weder dehnbar noch unterschiedlich interpretierbar. Entweder man sei loyal oder man sei es nicht. Schließlich stehe sie für Geradlinigkeit, Überzeugung und eine ehrliche, berechenbare und persönliche Einstellung. Das kann man so sehen, doch letztlich macht man es sich dadurch zu einfach und erwartet zudem Mitarbeiter und Führungskräfte, die in Nibelungentreue verfallen und die Loyalität über alles stellen. Doch so funktioniert es auf Dauer nicht. Wie wir ja bereits aus der Wikipedia erfahren haben, geht mit Loyalität auch einher, die eigenen Überzeugungen oder Interessen hinter die des Unternehmens zu stellen, in dem man arbeitet. Alleine diese Tatsache stellt in bestimmten Situationen einen inneren Konflikt dar, der mal einfach und mal weniger leicht zu lösen ist. Ihn jedoch „wegzudiskutieren“, auszublenden oder als faktisch nicht vorhanden zu bezeichnen, wäre unehrlich. Und damit sind wir bei einem weiteren Begriff, ohne den Loyalität nicht funktionieren kann: Vertrauen.
Vertrauen versus Loyalität?
Bedingungslose Loyalität – also genau genommen: Nibelungentreue – widerspricht der Idee der Loyalität an sich. Als Vergleich und zur Verdeutlichung brauchen wir uns nur ein Ehepaar vorstellen, das glücklich zusammen ist. Dennoch gibt es im Alltag immer wieder Situationen, da kommen Unterschiede zum Vorschein, es kann Streit geben oder die Feststellung, dass man in diesem oder jenem Punkt einfach nicht auf einen Nenner kommt. Dennoch ist die Aufgabe der Loyalität gegenüber dem Partner (der Partnerin) in unserem Beispiel keine Option. Beide sind sich einig darüber, dass sie zwar bedingungslos zueinander stehen, aber deshalb nicht ihre eigenen Überzeugungen aufgeben müssen. Bedingungslos, weil sie auf der anderen Seite nicht vom anderen erwarten, er möge seine Überzeugungen aufgeben.
Mit der Loyalität bei Führungskräften gegenüber dem Unternehmen und den Mitarbeitern verhält es sich nicht anders. Deshalb müssen Kritikpunkte angesprochen werden, selbst wenn es schmerzt. Und wir haben ja festgestellt, dass Fehlverhalten bzw. Fehler von den betroffenen Personen getrennt werden müssen, um gut zu führen. Gleiches gilt auch in die andere Richtung. Wenn die Führungskraft kritisiert wird, liegt es an ihr, das eigene Verhalten zu überprüfen, und das – was gar nicht so einfach ist – ohne „die Sache“ persönlich zu nehmen. Doch wenn konstruktiv kritisiert werden kann, wenn ergebnisoffen diskutiert und gestritten werden kann, ohne das große Ganze in Frage zu stellen und gleichzeitig ein Höchstmaß an Wertschätzung zu erfahren, dann, ja, dann kann man mit Fug und Recht von gelebter Loyalität sprechen.
Wie stehen Sie zur Loyalität? Ist das bei Ihnen ein Thema? Und wie gehen Ihre Mitarbeiter damit um? Verhalten sich Ihre Vorgesetzten Ihnen gegenüber loyal? Oder stellen Sie immer wieder fest, dass Fehler an Personen festgemacht werden? Ich interessiere mich für Ihre Einschätzungen und praktischen Erfahrungen, gern als Kommentar oder, wenn Sie mögen, via Mail oder Telefon.
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