Im ersten Teil zum Thema Corona-Krise und Home-Office ging es um die Frage, wie die Mitarbeiter damit zurechtkommen. Es wurde deutlich, dass Führungskräfte sich in besonderem Maße um ihre Teams kümmern müssen, um Verunsicherungen und Ängsten zu begegnen.
Der zweite Teil befasst sich vornehmlich mit den Auswirkungen auf die Führungskraft selbst. Wie also organisiert sich eine Führungskraft bei der Arbeit vom heimischen Rechner aus?
Home-Office schafft Distanz – oder Nähe
Je nachdem, welche Branchen man sich in welchem Land ansieht, ist die Arbeit zu Hause entweder eine Selbstverständlichkeit oder eine eher exotische Idee. Es gibt Unternehmen, die voll und ganz auf Home-Office setzen, und das schon seit vielen Jahren. Doch auch für sie galt es, zunächst einmal die „Ochsentour“ zu gehen, die der Weg zur Heimarbeit bedeutet.
Führungskräfte, die im Home-Office arbeiten, neigen immer wieder dazu, sich ins operative Geschäft einzumischen, ihre eigene Struktur zu vernachlässigen und gegenüber ihren Mitarbeitern auf Distanz zu gehen. All das verwundert nicht, denn das fehlende Face-to-Face führt zu einem Gefühl der Distanz, dem sich auch Führungskräfte nicht immer entziehen können.
Im Zusammenhang mit Corona kommt erschwerend hinzu, dass selbstredend auch Führungspersönlichkeiten nicht gegen dunkle Gedanken und Ängste gefeit sind. Ein Grund mehr, näher ans Team heranzurücken, und zwar in dem gebotenen Abstand.
Gerade in Zeiten erzwungener Distanz ist die „gefühlte“ Nähe zum Team umso wichtiger.
Kontollverlust als Störfaktor
Viele Führungskräfte haben vor allem Angst, die Kontrolle zu verlieren, wenn Sie sich ins Home-Office zurückziehen. Was machen die Mitarbeiter? Und was machen Sie nicht? Ist die Motivation auch erreichbar, wenn man nur per Mail, Telefon oder Online-Konferenzen miteinander kommuniziert?
Doch faktisch gibt es diesen Kontrollverlust kaum, zumindest nicht mehr als im Alltag im Büro. Denn weiß die Führungskraft wirklich, was der Mitarbeiter im Büro an seinem Rechner oder Laptop macht? Nein, zumindest dann nicht, wenn im Unternehmen keine Totalüberwachung stattfindet.
Sie weiß lediglich, dass der Mitarbeiter da ist, vor seinem Arbeitsplatz sitzt, mehr nicht. Der Kontrollverlust ist daher durchaus zu Teilen eine Konstruktion des Gehirns.
Wenn Sie der Meinung sind, dass Sie bisher vertrauensvoll mit Ihrem Team zusammengearbeitet haben, gibt es keinen vernünftigen Grund, daran zu zweifeln, wenn sich die Arbeit vom Büro ins Home-Office verlagert.
Dennoch sollten Sie wissen, dass die Angst davor, die Kontrolle zu verlieren, ein natürlicher Reflex ist. Selbst Führungskräfte, die eigens die Initiative für die Arbeit im Home-Office ergriffen haben, müssen da durch. Der innere Konflikt ist also absolut zulässig, er darf nur zu keinem dauerhaften Problem werden.
Ist ausreichend Vertrauen ins Team vorhanden, reduziert das die Gefahr des Gefühls vom Kontrollverlust erheblich.
Regeln fürs Team als Sicherheit für die Führungskraft
Im Home-Office gilt, was auch sonst schon immer bedeutsam war. Zum Beispiel klare Regeln. Diese sollten allerdings schon im Vorfeld festgelegt werden, womit wir bei der erfolgreichen Vorbereitung sind.
Ratsam ist ein Team-Meeting mit persönlichem Austausch. Nun ist das in Corona-Zeiten oft nur schwer oder gar nicht möglich. Videokonferenzen können eine Alternative sein, aber wenn es irgendwie geht, die Zwei-Meter-Regel einzuhalten, ist das persönliche Gespräch sinnvoller.
Ziel eines solchen Meetings kann die Festlegung bestimmter Regeln sein, an die sich alle halten müssen. Das kann spannend sein, denn allein bei der Frage, innerhalb welchen Zeitfensters eine Mail beantwortet werden soll, gehen die Meinungen oft weit auseinander. Während Mitarbeiterin A der Meinung ist, dass nach spätestens zwei Stunden die Antwort verfasst und abgeschickt sein sollte, empfindet Mitarbeiter B zwei Tage als völlig ausreichend.
Dieses Beispiel mag profan klingen, doch wenn hier keine einheitliche Linie gefahren wird, kann das in der Summe der „Kleinigkeiten“ zu Verstimmungen führen, die sich zu einer echten Krise ausweiten können.
Und auch hier ist es wichtig, das Team beim Erstellen der Regeln zu beteiligen. Um beim aktuellen Beispiel zu bleiben: Die Frage nach der Beantwortung von Mails kann als offene Frage ins Team getragen werden. Alle machen (anonym) Vorschläge, es wird diskutiert und am Ende zusammen beschlossen.
Feste Regeln dienen nicht nur dem Team, sondern auch der Führungskraft. Sie geben Sicherheit und helfen, alle Abläufe nach einem gemeinsamen Plan zu erledigen.
Frei von Raum und Zeit?
Ein großes Problem der Arbeit im Home-Office ist der fehlende Rahmen von Zeit und Raum. Was wie ein Astronauten-Problem klingt, ist ein sehr bodenständiges. Denn es macht natürlich einen Unterschied, ob man nur räumlich oder auch zeitlich voneinander getrennt arbeitet.
Wie also steht es um den Einkauf in der Mittagszeit? Kann man den „mal eben dazwischen schieben“? Um dann am Abend die Präsentation nachzuholen? Oder einigt man sich auf feste Arbeitszeiten, in denen alle gleichzeitig an ihren Arbeitsplätzen sind?
Es stellt sich also die Frage, wie man den Arbeitstag organisiert. Und die ist brisant, wenn man sich nicht auf klare Regeln einigt. Verbringt etwa ein Mitarbeiter den ganzen Tag am Rechner und stellt fest, das ein anderer mal eben zwei Stunden fehlt, kann das zu Verärgerung führen, insbesondere, wenn der temporär abwesende Mitarbeiter sich (zu Recht) keiner Schuld bewusst ist, erledigt er seine Aufgabe doch später, wenn der andere Mitarbeiter längst „weg“ ist.
Die Frage, ob man nur räumlich oder auch zeitlich getrennt arbeitet, muss im Vorfeld geklärt werden, um eine gemeinsame Linie zu führen.
Lesen Sie hier Teil 1 dieser Serie: Fünf Tipps für’s Führen aus dem Home-Office in der Corona-Krise
Und wenn das Home-Office nur vorübergehend ist?
Die Hoffnung darauf sei erlaubt, dass der derzeitige Zustand nicht ewig anhalten wird. Und mit dieser Aussicht könnte man als Führungskraft auf die Idee kommen, dass man so viel Aufwand nun auch wieder nicht betreiben muss, um die Arbeit von Zuhause aus gut zu organisieren.
Doch das wäre ein Fehler. Denn gerade in einer Zeit der Krise muss die Umstellung umso besser funktionieren. Jede Führungskraft tut sich keinen Gefallen damit, die Arbeit im Home-Office nicht so ernst zu nehmen wie das Arbeiten zuvor, als „die Welt noch in Ordnung“ war. Strukturen sind gerade in einer schweren Zeit ungeheuer wichtig, um Sicherheit und das Gefühl der Verlässlichkeit zu schaffen.
Zudem: Wissen Sie, ob nicht aus der Krise eine Chance erwächst, die die Firmenleitung erkennt, um daraus zu schließen, dass Home-Office eigentlich sowieso die bessere Lösung ist?
Home-Office kann temporär sein, es kann aber auch als dauerhafte Lösung angedacht werden. Man sollte dieser Form der Arbeit also maximale Aufmerksamkeit widmen.
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Sind Sie in der Home-Office-Blase?
Führte auch bei Ihnen kein Weg an der Arbeit im Home-Office vorbei? Und wie klappt das Arbeiten bei Ihnen zu Hause? Wie zieht Ihr Team mit?
Ich sehe ja in der aktuellen Corona-Situation tatsächlich eine Chance ,zukünftig mehr flexibles Arbeiten im Home-Office zu ermöglichen. Es müssen ja nicht sechs oder mehr Wochen am Stück und dann noch mit absolutem Ausgangsverbot sein.
Doch glaube ich, dass es in Zukunft mehr Home-Office für diejenigen geben wird, deren Arbeitsplatz das zulässt und die so arbeiten wollen und können. Und das erfordert von Ihnen als Führungskraft ein anderes Führen. Jetzt haben Sie also die große Chance, dieses „neue“ Führen auszuprobieren.
Neugierig bin ich natürlich auf das, was Sie bisher erlebt haben. Hat die Corona-Krise Sie zur Arbeit im Home-Office gezwungen? Oder war das für Sie schon vorher Alltag?
Schreiben Sie gern einen Kommentar, mailen Sie mir oder rufen mich an, wenn es konkrete Fragen gibt. Wir klären das dann – in gebührendem Abstand und mit größtmöglicher Nähe.
Von der Süddeutschen Zeitung wurde ich zum Thema“Führen aus dem Home-Office“ interviewt.
Lesen Sie hier » „Corona-So führt man ein Team aus dem Home-Office“ – Karriere- SZ.de
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