Die wenigsten Menschen mögen Konflikte. Bei Führungskräften ist das nicht anders. Auch sie sind meist nicht darauf aus, Streitigkeiten zu forcieren. Warum auch? In einer harmonischen Atmosphäre lässt sich leichter arbeiten, allen geht es besser.
Zu viel Harmoniesucht tut der Sache aber auch nicht gut, denn hin und wieder kommt man als Führungskraft nicht um einen Konflikt herum. Doch wie am besten damit umgehen?
Der Konflikt, den es nicht gibt
Ein weit verbreitetes Problem unter Führungskräften ist das fehlende Erkennen von Konflikten. Das klingt praktisch, denn wo es keine Probleme gibt, muss man sie auch nicht beheben. Man muss allerdings kein Magier sein, um zu wissen, dass diese „Vogel-Strauß-Strategie“ nicht funktioniert. An einem übersteigerten Harmoniebedürfnis liegt das übrigens nicht unbedingt.
Vielmehr sind Wahrnehmungsfilter der Grund für das Leugnen von Konflikten. Doch viel entscheidender ist ein ganz anderer, viel profanerer Grund: Konfliktmanagement steckt niemandem in den Genen, es muss von Grund auf erlernt werden. Und daran mangelt es vielen Unternehmen.
Sie gehen davon aus, dass eine gestandene Führungskraft schon damit zurechtkommt, wenn es hin und wieder mal „Streitereien“ gibt. Diese Sichtweise ist fatal – und für Führungskräfte und Mitarbeiter gleichermaßen belastend.
Konflikte totzuschweigen, ist eine perfekte Methode, um sie erst recht hochkochen zu lassen.
Konfliktmanagement versus dumme Menschen
Führungskräfte begehen immer wieder den Fehler, als Grund für Konflikte die beteiligten „Streithähne“ zu sehen. Gibt es also Auseinandersetzungen, ist schnell eine ganz simple Begründung zur Hand: „Ach, der Mitarbeiter X, das kennen wir schon, mit dem gibt es immer Ärger. Im Grunde ist der einfach ein Idiot.“
Nun, das kann man so sehen, muss man aber nicht, oder anders ausgedrückt: sollte man nicht. Es ist zwar sehr bequem, unbequeme Mitarbeiter für Konflikte verantwortlich zu machen, indem man ihnen einfach Charakterschwäche oder Böswilligkeit unterstellt.
Man muss allerdings nicht einmal besonders tief graben, um festzustellen, dass ein bösartiger Charakter meist als Begründung für einen Konflikt nicht haltbar ist. Wenn ein Mitarbeiter im Laufe der Zeit immer mehr Streitpotenzial entwickelt, kann das durchaus an unterschiedlichen Dingen liegen.
Vielleicht hat sich in seinem Privatleben etwas verändert, etwas, das ihn sehr belastet. Wissen wir denn, ob er sich gerade von seiner Frau getrennt oder einen menschlichen Verlust durch einen Unfall erlitten hat?
Kritische Geister werden dem vielleicht entgegnen, dass er trotzdem seinen Job erledigen muss und nicht seine privaten Probleme ins Unternehmen mitnehmen darf. Das mag sogar stimmen, hilft aber bei der Problematik wenig bis gar nicht.
Denkbar ist aber auch, dass es unternehmensinterne Gründe sind, die Konflikte in sich tragen. Spätestens dann ist es sehr wohl so, dass das Unternehmen – also auch die Führungskraft – sich mit den Hintergründen befassen muss. Doch genau an diesem Punkt scheitern viele Unternehmen bzw. Führungskräfte.
Eine weit verbreitete menschliche Eigenart ist die, die Schuld für Konflikte immer beim Gegenüber zu suchen. Gerade in Unternehmen ist dies weit verbreitet. Studien kamen zum Ergebnis, dass rund 40 Prozent der Befragten die Schuld für einen ganz konkreten Konflikt bei ihrem Gegenüber suchen. Die vier Prozent, die auch ihre eigenen Anteile mit einbeziehen, wirken in Anbetracht dessen geradezu lächerlich.
Formulieren wir es humorlos: Wer allen Ernstes glaubt, dass im Fall von Konflikten immer „der andere schuld ist“, macht es sich nicht nur zu einfach, sondern lässt die Reflexion des eigenen Verhaltens nahezu komplett vermissen.
So funktioniert Führen allerdings nicht, denn zu einem Konflikt gehören immer mindestens zwei, und die eigenen Anteile daran auszublenden, führt dazu, dass ein unvollständiges Bild erzeugt wird. Es liegt in der Natur der Sache, dass dann die Behebung eines Problems ungleich schwerer ist, als würde man alle Perspektiven mit einbeziehen.
Zu einem Konflikt gehören immer mindestens zwei Beteiligte. Die Schuld einzig dem Gegenüber zuzuschieben, ist eine denkbar schlechte Methode zur Problemlösung.
Lesen Sie hier, wie Sie Ihre Konfliktfähigkeit festigen:
Führungskompetenz: Konfliktfähigkeit »
Führungskräfte und Kommunikation: Wer streitet, arbeitet nicht »
„Ich schicke meine Führungskräfte in Seminare.“
Ein häufiger Irrtum: Seminare für Kommunikation werden oft mit solchen verwechselt, die sich mit Konflikten beschäftigen. In solche Kommunikationsseminare werden viel mehr Führungskräfte geschickt als in solche, in denen es um die Auf- und Bearbeitung von Konflikten geht.
Das geht in aller Regel nach hinten los, denn Seminare für Kommunikation legen ganz andere Schwerpunkte als solche, die Konflikte zum Thema haben.
Mehr noch, oft sind Seminare für Kommunikation überhaupt nicht auf das Bearbeiten von Konflikten ausgerichtet. Sie betreffen vielmehr die Definition von Kommunikation, die unterschiedlichen Formen oder auch – dann sind es meist eher Rhetorikkurse – Techniken, wie man im Gespräch als „Sieger“ hervorgeht.
Zusammenfassung: Seminare sind durchaus sinnvoll, sie sollten sich dann aber auch wirklich ums Thema Konflikte drehen, nicht um Themen, die damit verwechselt werden.
Konfliktmanagement hat keinen wirtschaftlichen Nutzen?
Führungskräfte müssen sich von den Entscheidungsträgern über ihnen regelmäßig anhören, dass es ja sein könne, dass Konfliktmanagement eine gute Sache sei. Aber wirtschaftlich bringe das dem Unternehmen nichts. Das führt zu wenig Bereitschaft, in ein solches Thema zu investieren.
Allerdings liegen die Entscheidungsträger damit falsch. Studien haben gezeigt, dass die Kosten für die Bewältigung von Konflikten sogar höher sind als die für die Personalausgaben.
Somit wird es nicht nur teuer, wenn Konfliktmanagement vernachlässigt wird. Hinzu kommt, dass bei erfolgreicher Bewältigung von Konflikten auch die Motivation von Mitarbeitern steigt. Das kann wiederum sogar dazu führen, dass nicht nur die Kosten reduziert, sondern auch noch die Unternehmensgewinne gesteigert werden.
Konfliktmanagement hat sehr wohl einen wirtschaftlichen Nutzen.
Ran ans Thema Konfliktmanagement!
Auch wenn es bekannt ist, dass Führungskräfte nicht bei jedem und erst recht nicht immer beliebt sein können, so gibt es doch die Kehrseite. Und die läuft darauf hinaus, dass sie es irgendwie trotzdem wollen.
Ein „cooler Chef“ kommt nun einmal besser an als einer, der sich in den Konflikt hineinbegibt. Doch das kann fatale Auswirkungen haben, denn wenn schwelende Konflikte totgeschwiegen werden, vergrößert sich deren destruktives Potenzial erheblich.
Sich also aus der Sache herauszuhalten oder den Versuch zu unternehmen, Konflikte wegzudiskutieren, ist wenig zielführend. Gehen Sie es also an, und orientieren Sie sich an folgendem Ablauf:
- Finden Sie heraus, wer an einem Konflikt beteiligt ist und was der eigentliche „Zankapfel“ ist.
- Klären Sie, ob es sich um einen interpersonellen Konflikt, einen Verteilungskonflikt oder einen Zielkonflikt handelt.
- Gehen Sie auf Ursachenforschung: Wann ist der Konflikt entstanden und wie genau kann man ihn zusammenfassen?
- Analysieren Sie nun die Ursache des Konfliktes. Beziehen Sie dabei Faktoren wie Organisation, Mentalität, Kompetenzen, aber auch sich selbst als Führungspersönlichkeit mit ein.
- Setzen Sie sich intensiv mit der Gefühlslage der Beteiligten auseinander, also: Gab es Missverständnisse, Vorurteile, Fehleinschätzungen?
- Gehen sie lösungsorientiert an die Sache heran, klären Sie Konfliktursachen wie Kompetenzabgrenzung und arbeiten Sie an Optimierungen wie der Verbesserung der Kommunikation.
- Jetzt ist Psychologie gefragt, denn als nächstes müssen Sie an die subjektiven Sichtweisen heran. Versuchen Sie, mit allen Beteiligten die Ursachen zu klären, die Gründe für die unterschiedlichen Perspektiven zu erarbeiten und besprechen Sie gemeinsame (oder durch Sie beschlossene) Maßnahmen. Das Ziel dieses Schrittes ist es, möglichst breite Zustimmung zu erzielen.
- Sollten Sie feststellen – und das kommt durchaus vor -, dass sich ein Konflikt nicht kurzfristig lösen lässt, legen Sie allgemein gültige Regeln fest, wie alle Beteiligten mit dem Problem umgehen müssen. Im nächsten Schritt geht es darum, den nicht ausgetragenen Konflikt mit neuen Werkzeugen anzugehen.
Als Führungskraft sind Sie auch psychologisch gefordert. Lassen Sie sich also auf die Persönlichkeiten ein, mit denen Sie zu tun haben.
Sind Sie bereit für Konflikte?
Wie steht es um Ihre Bereitschaft, sich auf Konflikte einzulassen und diese zu lösen? Tun Sie sich schwer damit oder gehen Sie offensiv an die Problematik heran? Und haben Sie bereits Situationen erlebt, in denen Sie bei Ihren Mitarbeitern in der Gunst gesunken sind?
Wie agieren Ihre Vorgesetzten? Ist für sie die Bewältigung von Konflikten ein erstrebenswertes Ziel? Schreiben Sie gern einen Kommentar, rufen Sie mich an oder schicken Sie mir eine Mail. Ich interessiere mich für Ihre Erfahrungen.
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