Das Thema Führung beschäftigte Gelehrte schon vor 2.400 Jahren. Und es ist nicht verwunderlich, dass damals andere Sichtweisen dominierten als heute. Doch das bedeutet nicht, dass wir uns in den letzten 2.400 Jahren zu einer Kultur der perfekten Führung entwickelt haben.
Im Gegenteil, zahlreiche Ansätze haben zwar schon sehr lange Bestand und gelten als „gesetzt“. Das entbindet aber niemanden davon, die eigenen Führungsqualitäten zu hinterfragen. Wer das tut, landet früher oder später auch beim „Mindset“. Doch was genau ist damit gemeint?
Shareholder Value als Erfolgs- oder Auslaufmodell?
Der Ansatz Shareholder Value geht bekanntlich sehr emotionslos an die Thematik Führung heran. Die Betrachtung der Situation beschränkt sich vornehmlich auf die betriebswirtschaftliche Seite eines Unternehmens. Stichworte wie Cashflow, Verbindlichkeiten und Fremdkapital machen deutlich, dass der Shareholder Value Ansatz nicht viel von sozialen oder psychologischen Aspekten hält.
Und so ist es kein Wunder, dass spätestens 2008, als die Finanz- und Wirtschaftskrise die Welt in Atem hielt, die Reduzierung auf Shareholder Value in die Kritik geriet. Es sind einfach zu viele Faktoren, die eine gute Führungskraft ausmachen, das bloße Beschränken auf die Betriebswirtschaft kann also nicht das leisten, was eine gute Führung ausmacht. Sicher, das gesamte Zahlenwerk eines Unternehmens ist wichtig, schließlich läuft ohne Umsätze und Gewinne gar nichts. Doch die Aufgabenstellungen, denen sich Führungskräfte heute stellen müssen, sind komplexer als der Blick ins sprichwörtliche „Auftragsbuch“ oder die Auswertung der Quartalsbilanz. Womit wir uns dem Thema Mindset nähern.
Mindset bringt Ordnung ins Chaos
Wenn schon vor 2.400 Jahren das Thema Führung die Menschen beschäftigt hat, ist es kein Wunder, dass im Laufe der Zeit einiges an Komponenten hinzugekommen ist. Das bedeutet jedoch nicht zwingend, dass damit alles besser wurde, im Gegenteil. Bei all den Eigenschaften, die benötigt, all den Kompetenzen, die erwartet und all den Führungsstilen, die verlangt werden, schafft die pure Masse nicht etwa Orientierung, sondern das genaue Gegenteil.
Die Mindset-Herangehensweise soll genau dieses Wirrwarr auflösen und geeignete Methoden schaffen, um den Anforderungen einer guten Führung gerecht zu werden. Schauen wir uns das mal ein wenig genauer an.
Prioritäten beim Mindset
Moderne Zeiten erfordern moderne Führungsmethoden. Mindset verfolgt hier einen Ansatz, der die wichtigsten Aspekte abdeckt. Drei davon werden als „Evergreens“ bezeichnet, was schon darauf hindeutet, dass es nicht darum geht, das Rad neu zu erfinden, sondern die Perspektiven zu fokussieren. Die drei Evergreens lauten:
1. Analytisches Mindset
2. Zielgerichtetes Mindset
3. Aktionsorientiertes Mindset
Schauen wir uns zunächst einmal diese drei Mindsets genauer an.
Analytisches Mindset
Das analytische Mindset geht auf F. W. Taylor zurück und meint Optimierungsansätze im Management. Damit sind unterschiedliche Ansätze gemeint, also etwa das Prinzip von Kaizen, aber auch Industrial Engineering, Six Sigma oder Balanced Scorecard. Als Kernfrage lässt sich beim analytischen Mindset folgende Formulierung nutzen:
• Welche betrieblichen Aktivitäten besteht das Unternehmensgefüge und wie lassen sich diese aufgliedern und optimieren?
Zielorientiertes Mindset
Auch das zielorientierte Mindset ist nicht neu, wurde aber neu entdeckt. Vorgestellt schon im Jahr 1954 und entwickelt von Peter Drucker kann man das dahinterstehende Prinzip als „Zielvereinbarung“ zusammenfassen.
Was zunächst wie selbstverständlich klingt, geht doch heute immer wieder unter. Der Grund ist die Schnelllebigkeit innerhalb von Unternehmen und starke Konkurrenzsituationen auf den (internationalen) Märkten. Da gehen Überlegungen darüber, welche Ziele eigentlich erreicht werden sollen, schon mal unter. Doch jede Führungskraft, die nicht den Überblick verlieren oder Mitarbeiter verwirren will, muss sich fragen:
• Was wollen wir erreichen?
• Wie werden die Ressourcen eingesetzt und wo kann auf welche verzichtet werden?
Aktionsorientiertes Mindset
Das aktionsorientierte Mindset wird immer wieder als einer der Kernpunkte dargestellt. Gemeint ist das Denk-, Fühl- und Handlungsmuster. Prägnanter ausgedrückt geht es um die Frage, wie Entscheidungs- und Umsetzungsfragen angegangen werden. Es heißt ja nicht umsonst, dass alle Theorie grau ist. Wenn es darum geht, konkrete Umsetzungen in die Wege zu leiten, geraten viele Führungskräfte immer wieder ins Stocken. Es ist halt leichter, in der Theorie Ziele zu entwickeln, sie aufzuschreiben und nach und nach zu verbessern. Wenn es dagegen um die konkrete Realisierung geht, ist die Kernkompetenz des aktionsorientierten Mindset gefragt.
Vier weitere Aspekte des Mindsets
Beginnen wir mit dem sogenannten „reflexiven Mindset“. Eigentlich steckt schon im Wort die Bedeutung, denn es kommt von der Reflexion, mit der sprachwissenschaftlich das Zurückziehen auf das Subjekt, umgangssprachlich der reflektierende Umgang mit Problemstellungen gemeint ist. Ständiges Reflektieren ist so bedeutsam, weil sich Unternehmen und Märkte ständig ändern, was heute richtig ist, kann morgen schon falsch oder überholt sein. Beim reflexiven Mindset stehen mehrere Fragen im Raum:
• Über welche Führungsanforderungen wird gesprochen und aus welchem Grund/welchen Gründen?
• Welche Veränderungen sind am Markt oder bei den Zielgruppen des Unternehmens feststellbar?
• Wie wirken sich konkrete Veränderungen wie etwa technologische, demografische oder politische Veränderungen auf das Unternehmen aus?
Innovatives Mindset
Das innovative Mindset gehört heute vielleicht zu den wichtigsten Herangehensweisen. Denn verglichen mit früheren Zeiten hat sich die Dauer, die Produkte am Markt sind, erheblich verkürzt. Das betrifft nicht nur die Lebensdauer, sondern auch die Aktualität. Daher müssen sich Führungskräfte damit auseinandersetzen, regelmäßig an neuen Innovationen zu arbeiten.
Bei Innovationen geht es um weit mehr als nur neue Produkte, es geht darum, die entsprechenden Prozessschritte präzise zu planen und auch die Mitarbeiter mit „ins Boot“ zu holen. Doch der wohl wichtigste Aspekt ist psychologischer Natur. So gut und wichtig Innovationen auch sein mögen, sie sind oft verbunden mit Ängsten vor der Veränderung. Diesen Ängsten zu begegnen und sie abzubauen oder zumindest abzufedern, ist die Aufgabe einer guten Führungskraft.
Netzwerkorientiertes Mindset
War das „Netzwerk“ vor 20 Jahren der Bereich um den eigenen Schreibtisch herum (um es überspitzt zu formulieren), ist es heute unverzichtbar, als Führungskraft auch Netzwerker zu sein. Informations- und Kommunikationstechnologien erfordern von Führungskräften breit aufgestellte Kompetenzen und die Fähigkeit, sich innerhalb neuer Technologien sicher zu bewegen. Gleichzeitig müssen die Mitarbeiter „mitgenommen“ und in sämtliche Prozesse einbezogen werden. Auch hier spielt die Psychologie eine große Rolle, aber noch viel mehr der Wille und die Fähigkeit, sich mit immer wieder neuen Entwicklungen zu beschäftigen.
Weltgewandtes Mindset
So wie die Datenautobahnen den ganzen Globus umspannen, tun das – spätestens seit der Erfindung des Containers – auch die Transportwege. Die Konkurrenz kann auch 1.000 Kilometer entfernt agieren und trotzdem zur Gefahr für das eigene Geschäftsmodell werden.
Die zunehmende Internationalisierung fordert von Führungskräften zahlreiche Aufgabenstellungen ab. So müssen teilweise wirtschaftlich oder technisch fragwürdige Informationen richtig eingeordnet und verarbeitet, kulturelle Unterschiede überwunden und preisliche Kalkulationen auf Übertragbarkeit ins eigene Unternehmen überprüft werden. Weltoffenheit und Neugierde sind also gefragt, und die Fähigkeit, über die eigene Erlebniswelt hinauszublicken. Wer hier zu sorglos agiert, kann womöglich die Folgen später nur schwer korrigieren.
Und wie steht es um Ihr Mindset?
Kommen Ihnen die beschriebenen Punkte bekannt vor? Sind Sie damit konfrontiert und beziehen Sie die genannten Aspekte in Ihre Arbeit mit ein? Oder ist Ihnen vieles neu, löst es Skepsis in Ihnen hervor oder fühlen Sie sich ermuntert, weil Sie intuitiv bereits gemäß dem Mindset arbeiten?
Ich interessiere mich für Ihre Meinung, Ihre Erfahrungen, aber auch, wo Sie Widersprüche sehen oder Schwierigkeiten bei der Umsetzung erkennen. Schreiben Sie mir gern oder kommentieren Sie, wie Sie zum Mindset stehen.
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