Im Grunde bringt die Aussage in der Überschrift alles Wichtige auf den Punkt: Fehler gehören zum Leben dazu, auch für Führungskräfte. Da liegt es nahe, den Gedanken weiterzuspinnen und zu folgendem Schluss zu kommen: Wer Fehler macht, wird besser, weil er daraus lernt.
So weit, so gut. Aber stimmt das auch mit der Praxis überein?
Auf Spurensuche nach Fehlern und dem richtigen Umgang mit ihnen
Machen Sie sich doch einmal den Spaß und geben Sie bei Google die Suchbegriffe „Führungskräfte“ und „Fehler“ ein. Sie werden haufenweise Seiten finden, auf denen es um Fehlverhalten von Chefs geht, um Empfehlungen für Mitarbeiter, wie sie strategisch am besten mit den Fehlleistungen ihrer Vorgesetzten umgehen, um Führungskräfte, die an einem ganz gravierenden Mangel leiden: Fehler zu machen.
Wie passt das zu unserer Überschrift? Wie zu dem Grundgedanken, dass Fehler etwas Gutes sind, weil man daraus lernt? Natürlich überhaupt nicht. Aber wenn Sie Ihre Suche ein wenig verändern und den Suchbegriff „Fehler“ gegen „Fehlermanagement“ austauschen, werden Ihnen andere Ergebnisse angezeigt. In der Regel bessere Ergebnisse.
Haken wir die sechs „Todsünden“ mal eben ab
Ja, Führungskräfte machen Fehler, und einige von ihnen sind unverzeihlich. Nun, vielleicht nicht gerade das, aber sie führen in keine gute Richtung und verbessern die Qualität der Arbeit oder die des Miteinanders nicht. Bevor wir zum eigentlichen Punkt kommen, hier also die Highlights der Fehler, die Chefs unbedingt vermeiden sollten:
• Mikromanagement: Meint eigentlich nichts anderes als das Verheddern in Kleinigkeiten. Diese Eigenschaft führt schnell zu Frust, in erster Linie bei den Mitarbeitern.
• Zu viel Ego: Das muss man eigentlich nicht erklären. Auf der anderen Seite sei in diesem Zusammenhang angemerkt, dass eine Führungspersönlichkeit ohne ein gewisses Ego wohl auch keinen guten Job machen wird. Die Wahrheit liegt also, wie so oft, in der Mitte.
• Nicht zuhören: Klar, das ist immer ganz schlecht, insbesondere wenn es einhergeht mit
• fehlender Wertschätzung: Mitarbeiter, die nicht wertgeschätzt werden, sind ein großes Risiko, das Folgen haben kann, die gravierend sein können. Allerdings ist Wertschätzung nichts, was Chefs vorbehalten sein sollte. Sie ist ein menschlicher Zug, der eine allgemeine Selbstverständlichkeit sein sollte.
• Fehlendes Feedback: Wenn Mitarbeiter nie Rückmeldungen bekommen, wissen sie irgendwann nicht mehr, was sie besonders gut machen oder was verbesserungswürdig ist. Regelmäßiges Feedback oder Mitarbeitergespräche auf einem wertschätzenden Niveau sind daher äußerst wichtig.
• Stagnation: Logisch, die ist nie gut, zumindest nicht, wenn man sich beruflich weiterentwickeln will.
Diese sechs Punkte waren auf einer Website zu finden, die für sich in Anspruch nimmt, berufliche Hilfestellungen zu geben. Und in der Tat sind die angesprochenen Punkte alle nicht falsch. Für Führungskräfte allerdings dürften sie nur wenig hilfreich sein, denn wer gut ist in seinem Job, der achtet darauf, in derlei Fallen nicht zu tappen.
Und damit sind wir beim eigentlichen Problem: Der unbedingte Wille, jede Falle, jeden Fehler zu vermeiden. Denn erstens ist das schlicht unmöglich. Und zweitens auch nicht zielführend.
Fehlerbearbeitung im Rekordtempo?
Als der Fehler passiert war, sagte der Chef zum Angestellten: „Das kann passieren. Mund abwischen und weitermachen. Aber jetzt trinken Sie erst einmal einen Kaffee.“
Kann man so machen. So oder anders, aber in jedem Fall steckt die Botschaft dahinter, dass Mitarbeiter Menschen sind, dass Fehler jedem passieren und das gleiche Missgeschick sicher nicht wieder passiert.
Macht die Führungskraft einen Fehler, stellt sich die Lage jedoch oft ganz anders dar. Sie grübelt, wie das passieren konnte, nicht selten versucht sie, den Fehler zu vertuschen, zumindest aber so schnell wie möglich ad acta zu legen, um sich keiner negativen Energie auszusetzen. Ein durchaus nachvollziehbarer Reflex, der allerdings seine Tücken hat.
Denn jeder Fehler hat einen Grund, oder sogar gleiche eine ganze Verkettung von Gründen. Den Fehler so schnell wie möglich aus dem Bewusstsein zu verdrängen, ist daher eine verschenkte Chance. Immer wieder stellt sich bei einer genauen Fehleranalyse heraus, dass der Ursprung des Fehlers dort liegt, wo man ihn gar nicht vermutet hätte. Ob die Verantwortung bei der Führungskraft, einem oder mehreren Mitarbeitern oder bei technischen Fehlentwicklungen liegt, ist in der Konsequenz (meistens) unerheblich. Denn wurde der Ursprung erst einmal entdeckt, kann man im Zuge der Analyse beginnen, nach neuen Wegen zu suchen, um künftig diesen Fehler zu vermeiden.
Ein Mitarbeiter stoppt die gesamte Produktion: Glückwunsch!
Das Toyota-Produktionsprinzip hätte Henry Ford ganz sicher nicht gefallen. Denn für den Autobauer aus den USA waren Mitarbeiter in erster Linie Dummköpfe, die ihre Maschinen zu bedienen haben. Nicht mehr, nicht weniger (zugegeben, es mag jetzt Leute geben, die die Bezeichnung „Dummköpfe“ für übertrieben halten, aber nennen wir die Arbeiter unter Ford „Funktionsausüber“, macht es die Sache auch nicht besser).
Das Toyota-Produktionsprinzip arbeitet nach einem gänzlich anderen Ansatz, der insbesondere für Führungskräfte interessant ist und als Vorbild dienen kann. Denn wer bei Toyota in der Produktion arbeitet, ist weit mehr als eine fleißige Arbeitsbiene. Jeder Mitarbeiter ist angehalten, selbst zu denken, auf Abläufe zu achten, Fehler auszuspähen. Toyota nimmt dieses Prinzip sehr ernst, was man daran sieht, dass jeder Mitarbeiter, der einen Fehler entdeckt, die Produktion stoppen darf (Henry Ford würde sich womöglich jetzt im Grabe umdrehen, wenn er das wüsste).
Zwar sind es nicht die individuellen Fehler der Mitarbeiter die durch Wertschätzung gelobt werden, sondern „nur“ das Aufspüren. Aber das Prinzip zeigt, dass immer die Lösung im Vordergrund steht, egal, wer den Fehler verursacht hat. Das gilt – aber das muss wohl nicht gesondert erwähnt werden – natürlich nicht für grobe Fahrlässigkeit oder gar Vorsatz.
Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Mitarbeitern und Führungskräften
Es liegt in der Natur der Sache, dass Mitarbeiter und Führungskräfte unterschiedliche Rollen ausfüllen. Und es ist auch klar, dass die Führungskraft eine größere Verantwortung hat und im Zweifel für Fehler zur Rechenschaft gezogen wird bzw. werden kann. Die Unterschiede liegen also gewissermaßen in der Natur der Sache begründet, oder vielmehr in den verschiedenen Aufgabenstellungen. Doch es sollte auch eine Gemeinsamkeit geben, eine, die die Grundlage bildet für Vertrauen, Wertschätzung, Mut, Wille und Identifikation:
Die Gemeinsamkeit sollte immer das Erlauben von Fehlern sein. Denn Fehler passieren jedem, sie sind nicht das Problem. Schwierig wird es erst, wenn der Fehler wie eine ansteckende Krankheit behandelt wird und der Verursacher als Erreger dieser Krankheit betrachtet wird. So entstehen Angst und Unsicherheit, so werden Fehler versteckt und positive Entwicklungen gebremst, im schlimmsten Fall komplett verhindert.
Nebenbei bemerkt: Kennen Sie Wilson Greatbatch? Der Mann war Elektroingenieur und arbeitete 1958 daran, Herzfrequenzen zu messen. Dabei machte er einen Fehler – er baute versehentlich einen falschen Widerstand ein – und erfand so den Herzschrittmacher.
Wie gehen Sie mit eigenen Fehlern um? Werfen diese Sie aus der Bahn? Sind sie Ihnen peinlich oder fürchten Sie um Ihre Position oder gar Ihren Job? Dürfen Sie Fehler machen oder gibt es in Ihrem Unternehmen eine Nulltoleranz gegenüber Fehlern?
Ich freue mich über Ihre Kommentare oder, ganz wie es Ihnen lieber ist, über eine Nachricht!
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