Sie sitzen an Ihrem Schreibtisch, prüfen gerade, ob neue E-Mails eingegangen sind. Nebenher twittern Sie die Unternehmensneuigkeiten hinaus in die internette Welt.
Als das Telefon klingelt, gehen Sie dran und sprechen mit Ihrem Gesprächspartner, noch während Sie den Tweet abgesendet und die E-Mail geöffnet haben.
Das ist pures Multitasking! Zahlreiche Büromenschen und viele Führungskräfte sind irre stolz darauf, sich zur selben Zeit mit mehreren Dingen beschäftigen zu können. Die Hirnforschung jedoch zeichnet ein anderes Bild.
Führungskräfte und ihr Multitasking
„Wo ist denn nur die Zeit geblieben?!?“ – Fragen Sie sich das öfter mal? Vielleicht haben Sie sich im Multitasking verloren. Multitasking – davon schwärmte mal alle Welt. Die Kunst, mehrere Dinge gleichzeitig zu erledigen, wurde einst gefeiert. Wertvoll sei diese Fähigkeit und besonders Führungskräfte müssten Multitasking-fähig sein.
Warum? Ganz klar: Während des Mitarbeitergesprächs hat ein weiterer Kollege eine nicht aufschiebbare Frage, die Sie als Führungskraft natürlich „mal eben“ beantworten. Da, auf der Fanpage fragt indes ein Interessent nach Produkteigenschaften – das beantworten Sie nebenbei. Noch immer im Mitarbeitergespräch, ruft Ihre Frau auch noch an, um Nichtigkeiten wie das Abendessen zu besprechen.
Sie wirbeln, Sie werkeln – und doch haben Sie am Tagesende das Gefühl, nicht mal die Hälfte von dem geschafft zu haben, was Sie eigentlich schaffen wollten. Der Mitarbeiter aus dem Gespräch ist frustriert – ihm galt nicht die volle Aufmerksamkeit und Sie mussten das Gespräch abbrechen, da ein wichtiger Kunde anrief.
Ihre Frau möchte auch kein Verständnis zeigen und der Interessent, der über Facebook Kontakt aufnahm, ist zornig wegen einer falschen Antwort – Sie waren unkonzentriert, aus diesem Interessenten wird kein Kunde mehr.
Multitasking ist Frust auf Raten
Machen Sie so weiter wie eben – zugegeben: etwas überspitzt – beschrieben, führt Ihr Multitasking zu Frust in Raten. Ihre Frustration, nichts wirklich zu schaffen, wird sich genauso steigern wie die Ihrer Mitarbeiter. Ein Mitarbeitergespräch, in dem die Führungskraft nur mit anderen spricht? Ein absolutes No-Go!
Ein Interessent via E-Mail, dem Sie versehentlich Falschinformationen liefern? Den sehen Sie nie wieder! Und zu allem Überfluss ist auch Ihre Frau frustriert: nie hören Sie zu, nie sind Sie Teil der Familie.
So wird die Situation nicht besser. Es ist auch wirklich verflixt: Smartphones und Tablets waren irgendwann mal dazu da, uns den Alltag zu vereinfachen. Und nun geraten Sie in einen „Always-on-„Zwang, in die Multitasking-Falle. Sie strampeln sich ab, erreichen aber gar nichts mehr.
Druck von außen
Dieser „Always-on-„Status, den Sie nun haben, führt zu einem gewissen Druck von außen: Mehr und mehr wird von Ihnen erwartet, dass Sie damit umgehen können, wenn drei Menschen gleichzeitig mit Ihnen das Gespräch suchen. Diese Erwartungshaltung spüren Sie natürlich – und Sie möchten Sie nicht enttäuschen. Das ist nett gemeint. Mehr aber auch nicht. Es hilft nur eines:
Aufhören. Sofort!
Wenn Sie verstanden haben, warum Multitasking keine Lösung, sondern ein riesiges Problem ist, werden Sie souverän auf die Erwartungshaltung Ihrer Umgebung reagieren können. Ein riesiger Druck fällt von Ihnen ab und Sie leben die Vorteile des Singletaskings: eins nach dem anderen, Schritt für Schritt, geplant und konstruktiv.
Sie werden Ihren Aufgaben in keinem Fall gerechter, wenn Sie den irren Versuch unternehmen, alles gleichzeitig bewältigen zu wollen. Versuchen Sie, alles parallel abzuarbeiten, passiert nur eines: Sie sind gedanklich bei allem und nichts, sodass auch alles und nichts halbwegs klappt. Ist das Ihr persönlicher Anspruch an Ihre Rolle als Führungskraft?
Multitasking ist eine Illusion
Es gibt diverse Studien, die belegen, dass Multitasking nicht existiert bzw. nicht effizient ist. Dieser Zeit-Bericht fasst diverse Studien zusammen, die aufzeigen, dass Multitasking sogar den IQ senkt.
Beobachten Sie Ihre eigenen Multitasking-Aktionen. Versuchen Sie, ein Telefonat zu führen und gleichzeitig relevante Stichpunkte daraus zu notieren. Schnell werden Sie feststellen, dass Ihr Hirn lediglich umschaltet: entweder Sie telefonieren oder Sie schreiben – beides zusammen gelingt eh nicht.
Da ist es kein Wunder, dass die Konzentration auf der Strecke bleibt: so schnell kann kein Hirn umschalten. Sie behalten auch Dinge im Kopf, die Sie aktuell gar nicht benötigen – und sind damit nicht mehr absolut auf eine Sache fokussiert. So hören Sie beim Schreiben auch ein bisschen aufs Telefonat und schauen beim Telefonieren auch ein bisschen auf Ihre Notizen oder formulieren die nächste Notiz bereits vor. Weitere Studien und Beispiele finden Sie in diesem Beitrag der WirtschaftsWoche.
Zwei Gehirnhälften, maximal zwei Tätigkeiten
Eine weitere Studie (Charron & Koechlin, 2010) zeigt, dass menschliche Gehirne maximal dazu in der Lage sind, zwei relativ anspruchsvolle Aufgaben zeitgleich zu bewältigen. Dabei meint „zeitgleich“ jedoch keinesfalls parallel, sondern das Hirn bearbeitet Aufgaben zeitlich gerafft, gestaffelt und nacheinander.
Wenn das Gehirn seine derzeitige Aufgabe für das Bearbeiten einer zweiten unterbricht, so legt es Informationen quasi in einen Zwischenspeicher. Die zwei Frontallappen teilen sich nun Arbeit: sie repräsentieren zwei Ziele und damit verbundene Handlungen. Laut Studie ist nun der hintere Teil unserer Frontallappen dafür zuständig, zwischen beiden Zielen hin- und herzuschalten. Ein Ziel kann verfolgt werden, während das andere pausiert.
Daraus ergibt sich, dass Sie als Führungskraft keinesfalls mehr als zwei Aufgaben gleichzeitig ausführen können. Das einzige, was gelingen kann, ist das Trainieren und damit Steigern der Geschwindigkeit, in der Sie hin- und herschalten. Zielführend ist das jedoch keineswegs, denn Ihre geteilten Hemisphären können schlichtweg nicht verlustfrei an vielen Baustellen gleichzeitig ran. Nacheinander, das klappt hingegen!
Vom Multitasking zum Singletasking
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