Fluch oder Segen? Kann man die Frage nach der ständigen Erreichbarkeit einfach so verkürzt stellen? Sicher nicht, denn die moderne Kommunikation ermöglicht vieles, das zur Vereinfachung beiträgt.
Und alles, was das Leben für Führungskräfte (aber nicht nur für sie!) erleichtert, sollte man als Gewinn betrachten, oder?
Nein, so einfach ist das nicht, denn wie gerade erwähnt, stellt sich nicht die Frage nach „Fluch oder Segen“. Und aus diesem Grund darf man die Gefahren der ständigen Erreichbarkeit nicht ausklammern, im Gegenteil. Führungskräfte, die immer erreichbar sind, werden weder sich selbst noch ihrem Vorgesetzten zum Vorteil reichen. Deshalb die klare Forderung: Mut zur Lücke!
Ein Hoch auf die gute, alte E-Mail!
Bevor wir uns mit den Gefahren der ständigen Erreichbarkeit beschäftigen, wollen wir ein Loblied auf die E-Mail singen.
Mails sind praktisch, Mails machen gewissermaßen innerhalb eines bestimmten Rahmens frei. Denn niemand weiß, wann Sie eine eingehende Mail lesen.
Klar, da gibt es so etwas wie Lesebestätigungen, die der Absender anfordern kann. Doch niemand kann Sie zwingen, die Bestätigung zu versenden, und so weiß auch in aller Regel niemand, ob und wann Sie seine Mail gelesen haben.
Das bedeutet, dass Sie sich mit der Beantwortung der Mail Zeit lassen können. Sie können also in aller Ruhe an dem weiterarbeiten, was Sie gerade beschäftigt, und wenn Sie dann die Zeit haben, lesen Sie die Mail und beantworten Sie.
Tückisch ist natürlich die Betreffzeile, die Sie mit Botschaften wie „Wichtig, sofort lesen“ oder „Deadline einhalten!“ aus der Bahn werfen kann. Doch es bleibt dabei, mit der Mail sind Sie vor allem eines nicht: immer erreichbar.
Mails können Ihnen richtig angewendet eine Freiheit gewähren. Nutzen Sie diese Freiheit! Entscheiden Sie, wann Sie Mails lesen oder beantworten.
Erreichbarkeits-Terror in Echtzeit für Führungskräfte
Womit wir bei anderen Nachrichtenformen wären: WhatsApp, Facebook Messenger, Direct Messenger Systeme auf Skype-Messenger usw. Hier wird es schon schwieriger, denn meist sieht Ihr Gegenüber sofort, ob eine Nachricht gelesen wurde.
Und selbst wenn man das abstellt (was längst nicht immer geht), muss man sich schnell den Vorwurf gefallen lassen, sich „abzukapseln“. Sie kommen also schnell in eine Art Rechtfertigungsmodus, wenn Sie nicht einsehen, immer erreichbar zu sein bzw. Maßnahmen ergreifen, um zumindest nicht immer sichtbar zu sein.
Doch es ist nicht allein die Tatsache, dass Sie immer erreichbar sind, wenn Sie bestimmte Dienste nutzen. Erschwerend hinzu kommt die bloße Anzahl der Dienste. Selbst wenn Sie Skype nicht öffnen und sich bei Facebook nicht einloggen.
Es bleiben immer noch andere Dienste oder die Benachrichtigung über Ihr Mailprogramm, das Sie darauf hinweist, bei einem anderen Dienst eine neue Nachricht zu haben. So werden Sie ständig aus Arbeiten herausgerissen und fühlen sich noch genötigter als sonst schon, allen möglichen Anfragen nachzukommen. Und das ist nicht gut.
Nachrichten, die Führungskräfte zwingen, immer in Echtzeit zu reagieren, verschlechtern die Qualität der geleisteten Arbeit und erhöhen den Stressfaktor. Schalten Sie diese Benachrichtigungen aus.
Wenn die Führungskraft die Arme ausbreitet und sagt …
„… ich bin für meine Mitarbeiter immer erreichbar!“ Dabei lächelt er gewinnend und möchte zum Ausdruck bringen, wie wichtig ihm sein Team ist. Zumindest scheint es so. Aber haltbar ist diese Aussage nicht, denn niemand sollte immer erreichbar sein, und wenn Führungskräfte etwas anderes behaupten, hat das oft zwei Gründe:
1. Sie trauen ihrem Team womöglich nicht zu, eigene und richtige Entscheidungen zu treffen.
2. Sie sind nicht in der Lage, Verantwortung abzugeben, stehen unter dem Zwang, immer bei allen Entscheidungen beteiligt zu sein.
Diese beiden Probleme müssen aus der Welt geschaffen werden, bevor eine Führungskraft die Souveränität aufbringt, eben nicht immer erreichbar zu sein. Denn genau darüber sprechen wir: über Souveränität. Sicher kann man sagen, dass es auch die Vorgesetzten sind, die Druck aufbauen und ständige Erreichbarkeit erwarten. Doch wenn bei der Führungskraft selbst keine Bereitschaft vorhanden ist, den „Mut zur Lücke“ aufzubringen, läuft diese Kritik ins Leere.
Bevor Sie als Führungskraft mutig vorangehen und sich gegen die stetige Erreichbarkeit wehren können, sollten Sie sich fragen, ob Sie überhaupt dazu in der Lage sind, ob Sie also die Souveränität besitzen, auf Nachrichten einmal nicht sofort zu reagieren.
Immer erreichbar – gerade in der mittleren Führung ein Problem
Gerade Führungskräfte in sogenannten „Sandwich-Positionen“ leiden oft stark darunter, immer erreichbar zu sein. Auf der mittleren Führungsebene ist also in Sachen ständiger Erreichbarkeit eine Menge los, und das hat Folgen, wie eine Befragung des Instituts für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IAG) ergab.
Zwar bietet die Flexibilität, die mit der modernen Kommunikation verbunden ist, durchaus Vorteile. Doch Führungskräfte des mittleren Managements zahlen dafür nicht selten einen hohen Preis.
Denn das Problem ist die Überlastung, die schleichend kommt und die die Führungskraft vielfach nicht oder erst viel zu spät bemerkt. Man muss in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass ständige Erreichbarkeit natürlich nicht innerhalb der Grenzen der Arbeitszeit stattfindet, sondern weit darüber hinaus geht.
Ob in den Abendstunden, am Wochenende oder sogar im Urlaub, viele Führungskräfte fühlen sich verpflichtet, immer mit einem Ohr am Handy oder Tablet zu sein, um schnell auf mögliche Nachrichten reagieren zu können. Die Führungskräfte, die ohnehin der Meinung sind, immer für ihre Kollegen und Kolleginnen da sein zu müssen, sind naturgemäß noch gefährdeter, doch die Problematik betrifft auch Führungskräfte mit etwas mehr Mut zur Lücke.
So oder so: Wer nahezu ständig erreichbar ist, riskiert gesundheitliche Schäden, die sowohl psychischer als auch physischer Natur sein können. Wer auch nach Feierabend stets ein offenes Ohr hat, verliert die Fähigkeit, sich wirklich zu entspannen und abzuschalten. Dadurch kehren die Gedanken immer wieder zur Arbeit zurück, der Feierabend verliert faktisch an Bedeutung.
Doch Führungskräfte sollten auch ihre Teams im Blick haben, für die sie ja ebenfalls Verantwortung tragen. Diese bewundern ihren Chef nicht nur um seine vermeintliche Fähigkeit, immer und überall für seinen Job und sein Team bereit zu stehen. Sie sehen ihn auch als Vorbild und neigen immer wieder dazu, selbst zu denen zu werden, die immer erreichbar sein wollen. Das erhöht den Druck auf beiden Seiten und lässt die Belastung wachsen.
Nachrichten, die Führungskräfte zwingen, immer in Echtzeit zu reagieren, verschlechtern die Qualität der geleisteten Arbeit und erhöhen den Stressfaktor. Schalten Sie diese Benachrichtigungen aus.
Lesen Sie hier, wie Sie Ihre Erreichbarkeit mit gutem Gewissen eingrenzen:
Nein sagen statt „Management der offen Türen“
Das Thema muss angesprochen werden
Gerade weil heute die ständige Erreichbarkeit fast selbstverständlich wirkt und Privatleben und Berufliches oft gar nicht mehr voneinander getrennt wird, ist es umso wichtiger, das Thema offen anzusprechen. In Teams sollten gewisse Regeln oder Verabredungen getroffen werden, die helfen können, sich zu bestimmten Zeiten wirklich abzugrenzen, also tatsächlich Feierabend zu haben, und zwar ohne schlechtes Gewissen!
Sind Sie immer erreichbar?
Mut zur Lücke – leichter gesagt als getan, oder? Schließlich können wir uns heute kaum noch der Erwartungshaltung entziehen, die mit modernen Kommunikationsmitteln verbunden ist.
Oder kriegen Sie das hin? Gönnen Sie sich Ihre Auszeiten und genießen diese auch wirklich? Spielen Ihre Vorgesetzten auch mit? Oder begegnen Sie eindeutig der Erwartungshaltung, immer erreichbar zu sein? Und wenn ja, wie gehen Sie damit um?
Schreiben Sie gerne einen Kommentar, rufen Sie mich an oder mailen Sie. Und wenn ich nicht gleich antworte, könnte es sein, dass ich mich gerade in einer kleinen Auszeit befinde.
Sie wollen Ihre ständige Erreichbarkeit mit gutem Gewissen reduzieren oder sogar abstellen?
Dann lassen Sie uns darüber reden! Ich zeige Ihnen, wie auch Sie das sicher in Ihren Führungsalltag integrieren. Reservieren Sie sich gleich hier Ihr kostenfreies Strategiegespräch dazu.
Ich freue mich auf Sie!
Lesen Sie hier auch: >> Gute Chefs sind nicht immer erreichbar <<
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